Alle ziehen an einem Strang

Junge Männer und Frauen aus acht verschiedenen Ländern haben in den vergangenen sieben Jahren an der Gemeinschaftsgrundschule Lustheider Straße in Köln ihren Europäischen Freiwilligendienst absolviert. Sowohl die Kinder und Eltern als auch die Lehrer und Betreuer haben gute Erfahrungen gemacht. Ihr Tenor ist einmütig: Die Schule wäre ohne den Europäischen Freiwilligendienst ein gutes Stück ärmer.

„Gemeinsam geht alles besser“ lautet das Motto an der Grundschule in Köln-Vingst. Die Losung unterstreicht, dass alle zusammen an einem Strang ziehen wollen – Kinder, Lehrer, Eltern und Erzieher. Denn nur auf diese Weise erhalten die 330 Kinder, die die insgesamt 13 Klassen der Schule im Kölner Osten besuchen, eine solide Basis für ihren weiteren Lebensweg

Die Stadtteile Vingst und Höhenberg, die an die Schule grenzen, gelten als soziale Brennpunkte. Arbeitslos und ohne Perspektive zu sein, ist für viele ein Teil der Realität. Das spürt man auch im Umfeld der Schule. Trotz aller Probleme herrscht aber ein buntes und lebhaftes Treiben. Der Anteil an Schülern mit Migrationshintergrund ist mit 83 Prozent sehr hoch. Sie tragen zu einer multikulturellen, internationalen Atmosphäre bei.

Eine bunte Truppe

Seit 2006 absolvieren Europäische Freiwillige aus Finnland, Portugal, Slowenien, Italien, Lettland, Frankreich und Österreich ihren Dienst an der Schule. Auch wenn sie alle sehr unterschiedlich sind, haben sie sich bislang ausnahmslos bewährt. Einige von ihnen sind in Deutschland geblieben, um hier zu arbeiten oder ein Studium aufzunehmen. Andere sind mit prägenden Eindrücken in ihre Heimat zurückgekehrt. Sie sind zwischen 18 und 24 Jahren alt und kommen mit unterschiedlichen Voraussetzungen zur Lustheiderstraße.

„Manche Freiwillige verfügten bereits über Deutschkenntnisse, während andere bei ihrer Ankunft kaum ein Wort Deutsch verstehen“, sagt Ingeborg Breuer, die Koordinatorin der Offenen Ganztagsschule. „Doch nach einer Zeit der Eingewöhnung kommen alle gut zurecht.“

Gewinn für das Kollegium

Die Schule hat auch mit Europäischen Freiwilligen, die einen erhöhtem Förderbedarf oder eine Behinderung haben, positive Erfahrungen sammeln können, zum Beispiel mit Florian, der aus Österreich kam. Er war sprachbehindert und so gab es anfangs auch kommunikative Barrieren. Allerdings konnten die Hürden kontinuierlich abgebaut werden. Für ihn wie für alle anderen jungen Frauen und Männer aus dem europäischen Ausland gilt die Feststellung: „Sie sind eine absolute Bereicherung für unser Kollegium.“

Diese Einschätzung Ingeborg Breuers teilt auch Timon Tröndle von INVIA (lateinisch: „auf dem Weg“). „Es fügt sich alles völlig automatisch, was auch damit zusammenhängt, dass die Lustheiderstraße eine integrative Schule ist, an der 46 Kinder mit Behinderung lernen.“ Als anerkannter Träger der freien Jugendhilfe unterstützt der katholische Verband mehrere Schulen in Köln und ist dabei behilflich, junge Menschen aus dem europäischen Ausland zu vermitteln und zu betreuen.

Die Europäischen Freiwilligen sind in der Regel von 11.00 Uhr bis 16.30 Uhr an der Schule. Vormittags helfen sie in der Küche bei der Vorbereitung des Mittagessens. Sie schneiden Obst, waschen Salat und schälen Kartoffeln. Am Nachmittag unterstützen sie die Kinder der Offenen Ganztagsgrundschule bei den Hausaufgaben und arbeiten in den Arbeitsgruppen mit. Manche der Freiwilligen organisieren auch selbständig eine AG. So hat zum Beispiel die junge Französin Claire eine Theater -AG gegründet und Evelyne aus Portugal einen eigenen Tanzkurs ins Leben gerufen.

Vorbildliche Lebensläufe

Insbesondere für viele der Kinder mit Migrationshintergrund sind die jungen Freiwilligen im Laufe eines Schuljahres zu einer wichtigen Stütze und einem kompetenten Ansprechpartner auch in schwierigen Situationen geworden. „Das liegt nicht zuletzt auch daran, dass viele unserer Freiwilligen selber Migrationshintergrund haben. Sie sind dadurch sehr nah an den Schülerinnen und Schülern dran und haben ein Gefühl für deren Probleme“, hat Ingeborg Breuer festgestellt.

Migrationshintergrund hat beispielsweise auch die Portugiesin Evelyne. Sie stammt aus Kap Verde. Der Europäische Freiwilligendienst hat sie motiviert, einen ganz neuen Lebensweg einzuschlagen. Augenblicklich bewirbt sie sich um eine Stelle als Au Pair und möchte anschließend in Deutschland studieren. Derartige Lebensläufe sind exemplarisch und dienen den Schülern als positive Vorbilder. Und wie so oft liegen die Vorteile auf beiden Seiten: „Die jungen Frauen und Männer aus ganz Europa bereichern einerseits die Offene Ganztagsgrundschule und gewinnen andererseits selber eine neue Perspektive für ihr weiteres Leben“, fasst Ingeborg Breuer die Wirkung des Europäischen Freiwilligendienstes an ihrer Schule zusammen.